* 25. Juli 1883
† 5. März 1947
von Dietrich Kämper
Essay
Casella hatte seine Heimatstadt Turin verlassen, um in Paris eine bessere, modernen Ansprüchen genügende Musikausbildung zu bekommen. Da er sich der Rückständigkeit des italienischen Musiklebens seiner Zeit vollkommen bewusst war, öffnete er sich rückhaltlos den Einflüssen seiner neuen französischen Umgebung. Der unveröffentlicht gebliebene Erstling Valse-caprice für Klavier (1901/02) hatte, wie der Komponist selbst einräumt, eine geradezu peinliche Ähnlichkeit mit der Musik Gabriel Faurés, und auch das gleichzeitig entstandene Opus 1, die Pavane für Klavier, zeigt die „influenza altamente benifica“ des Lehrers (Casella 1941a, 92). Schon früh erkannte Casella die um 1900 in der französischen Musik ausgeprägte Antinomie Fauré – Debussy. Das Ideal der Anhänger Faurés war eine „musica formale, lineare e contrappuntistica“, das der Anhänger Debussys dagegen eine „musica armonistica, coloristica ed impressionistica“ (Casella 1941a, 121). Die Archaismen der Pavane rufen die Sprache der frühen Klavierstücke Erik Saties in Erinnerung, die Casella damals jedoch wohl noch nicht kannte. Auch mag man in dieser Komposition eine Nachwirkung jener „Fêtes galantes“ (1869) Paul Verlaines spüren, die auch Debussys Lieder und Klaviermusik so nachhaltig inspiriert haben.
Die Jahre 1905–09 brachten eine intensive Auseinandersetzung mit den sinfonischen Werken von Richard Strauss und Gustav Mahler. ...